Aktuell überschreitet Technologie in immer kürzeren Zyklen neue Grenzen. Das stellt unsere Gesellschaft vor ein komplexes Dilemma. Laut dem Edelman Trust Barometer 2024, einer umfassenden Studie, die auf Online-Interviews mit einer breiten globalen Teilnehmerschaft basiert, stehen wir nämlich an einem entscheidenden Punkt, an dem unser Vertrauen in die Innovation und deren Akteure auf dem Spiel steht. Die Ergebnisse der Studie werfen ein Licht auf die zentrale Rolle des Vertrauens bei der Einführung neuer Technologien und wie dieses Vertrauen derzeit auf eine harte Probe gestellt wird. Dies gilt auch und besonders für Künstliche Intelligenz (KI).

Ein globales Paradoxon: Innovation zwischen Wohlstand und Misstrauen 

Innovationen gelten allgemein als Motor für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand. Dennoch offenbart das Trust Barometer ein paradoxes Bild: Anstatt als reine Quelle des Fortschritts wahrgenommen zu werden, werden Innovationen zunehmend als Treiber für Vertrauensverlust, gesellschaftliche Instabilität und politische Polarisierung gesehen. Dies gilt besonders für das Forschungsfeld der Künstlichen Intelligenz. Dieses Paradoxon entsteht zudem in einem kritischen Jahr, in dem die Hälfte der globalen Bevölkerung an Wahlen teilnimmt, was die Bedeutung des Vertrauens in den Innovationsprozess unterstreicht. Speziell in Deutschland zeigt sich, dass die Bevölkerung zwar Unternehmen das größte Vertrauen entgegenbringt, wenn es darum geht, Innovationen sicher und sinnvoll in die Gesellschaft zu integrieren. Dennoch ist das Gesamtvertrauen in die Fähigkeit der Institutionen, mit Innovationen umzugehen, erschreckend niedrig. Besonders ausgeprägt ist dieses Misstrauen unter Menschen mit niedrigerem Einkommen, was die soziale Kluft in der Wahrnehmung technologischer Entwicklungen verdeutlicht. 

Laut dem Edelman Trust Barometer sind die deutschen Befragten im Verhältnis von 3,5 zu eins der Meinung, dass Innovationen schlecht gemanagt werden. Das bedeutet vor allem unzureichende staatliche Regulierung, mangelndes Vertrauen in traditionelle Führungspersonen sowie Misstrauen gegenüber der Unabhängigkeit der Wissenschaft von Politik und Geld. Um Innovationen zu akzeptieren, möchten die Befragten sicherstellen, dass sie von Wissenschaftlern und Ethikern bewertet wurden, effektiv reguliert sind und sie die Kontrolle über deren Auswirkungen auf ihr eigenes Leben haben. Das spiegelt sich auch bei der Sicht auf KI: hier lehnen 35 Prozent die Innovation ab, 30 Prozent unterstützen sie. Damit befindet sich die Technologie an einem Scheideweg und hat es offenbar schwer, Begeisterung zu entfachen. 

Über-Hype von KI durch Tech-Giganten führt zu Ernüchterung in der Gesellschaft 

Betrachtet man den Zusammenhang von Vertrauen und KI genauer, so lässt sich erkennen, dass 39 Prozent der Befragten des Reports „KI-Studie 2024: Nutzung & Vertrauen in der Gesellschaft“ eine Beratung durch KI oder Chatbots grundsätzlich für nützlich halten. Dennoch vertrauen nur 27 Prozent den entsprechenden Antworten. 71 Prozent der Befragten bewerten die Resultate zwar als „gut“ oder „sehr gut“, diese Einschätzung sinkt jedoch mit zunehmendem Alter der Personen. In Hinblick auf unterschiedliche Branchen schneiden die KI-Antworten bei Beschäftigten in den Bereichen Banken und Versicherungen (85 Prozent), Telekommunikation und IT (84 Prozent) sowie Automobile und Verkehr (84 Prozent) am besten ab. Grundsätzlich werden KI und entsprechende Tools vor allem bei der Inhaltserstellung als nützliche Helfer im Arbeitsalltag wahrgenommen. Es bleibt jedoch der fade Beigeschmack, dass vor allem die großen Technologie-Konzerne KI in den vergangenen zwei Jahren „überverkauft“ haben. Der Hype flacht sich deshalb wieder ab und es stellt sich eine deutliche Ernüchterung ein. Doch wie kann das Vertrauen in Innovationen im Allgemeinen und in KI im Speziellen langfristig erhöht werden? 

Vier Säulen für ein stabiles Vertrauensfundament 

Die Edelman-Studie identifiziert vier entscheidende Bereiche, die angegangen werden müssen, um das Vertrauen in Innovationen zu stärken und ihre Akzeptanz zu fördern: 

  1. Gleichgewicht zwischen Entwicklung und Implementierung 
    Die Studie betont, dass nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Art und Weise, wie Innovationen eingeführt und verwaltet werden, entscheidend für ihren Erfolg ist. Unzureichend gemanagte Innovationen stoßen auf Widerstand statt Akzeptanz. 

  2. Unternehmen als Partner im Wandel 
    Die Rolle von Unternehmen geht über die reine Jobkreation hinaus. Sie sind aufgefordert, in enger Zusammenarbeit mit der Regierung ethische Richtlinien zu entwickeln und Innovationen verantwortungsbewusst in die Gesellschaft zu integrieren. 

  3. Integration der Wissenschaft in die Gesellschaft 
    Wissenschaftler genießen ein hohes Maß an Vertrauen, stehen jedoch auch unter genauer Beobachtung. Die klare Kommunikation von Forschungsergebnissen und ein offener Dialog sind essenziell, um das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken. 

  4. Kontrolle über die persönliche Zukunft 
    Ein zentrales Element für die Akzeptanz von Innovationen ist das Gefühl der Kontrolle. Menschen müssen das Vertrauen haben, dass sie Einfluss darauf nehmen können, wie technologische Entwicklungen ihr Leben beeinflussen. 

Fazit 

Das Edelman Trust Barometer 2024 liefert wichtige Einsichten in die komplexe Beziehung zwischen Gesellschaft, Innovation und Vertrauen. Es zeigt, dass die Akzeptanz und das Vertrauen in Innovationen nicht selbstverständlich sind, sondern aktiv gefördert und erhalten werden müssen. Für eine Zukunft, in der technologischer Fortschritt und gesellschaftlicher Wohlstand Hand in Hand gehen, ist es entscheidend, diese Herausforderungen anzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden.

Lesen Sie unseren Blogbeitrag zu den KI-Prognosen für 2024 und sehen Sie, wohin sich die Technologie unserer Meinung nach bewegt. 

Über den Autor

Mathias Herrmann

CEO bei ALLEHERZEN

Mathias Herrmann ist Internetunternehmer der ersten Stunde mit einem tiefen Interesse für digitale und Zukunftstechnologien. Seit über 20 Jahren hilft er Unternehmen dabei, mit innovativen Lösungen das Beste aus Ihren Daten zu machen – ohne dabei die Menschen hinter den Daten zu vergessen.

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